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„Wer zu spät kommt…“ – LG München hält Einwände gegen Konzessionsvergabe für präkludiert

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(c) BBH

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Über die Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen sowie anschließende Netzübertragungen wird vor vielen Gerichten gestritten. Eine umstrittene Frage ist, ob der Altkonzessionär sich wegen etwaiger Vergabefehler weigern kann, dem Neukonzessionär das Netz zu übertragen, obwohl er nicht gegen die Auswahlentscheidung der Kommune vorgegangen ist.

Der BGH hatte dies in seinen Grundsatzurteilen vom 17.12.2013 noch bejaht (wir berichteten), da es keine energiewirtschaftlichen Vorschriften gibt, die Einwendungen unterlegener Bewerber ausschließen. In dem dortigen Fall konnten sich Alt- und Neukonzessionär nicht auf einen Netzkaufpreis einigen. Erst als die Netzübernahmeverhandlungen platzten, berief sich der Altkonzessionär auf eine Unwirksamkeit der Konzessionierung. Dieses Vorgehen wurde leider gängige Praxis. Altkonzessionäre nutzten ihre Einwände gegen die Konzessionsvergabe als Drohkulisse, um ihre Verhandlungspositionen gegenüber dem Neukonzessionär durchzusetzen.

Mit dem Landgericht (LG) München hält dies nun erstmals ein Gericht für unzulässig. In seinem Hinweisbeschluss vom 11.1.2016 (Az. 1 HK O 8010/15) teilte das Gericht seine vorläufige Rechtsauffassung mit, nach der der Altkonzessionär mit dem Einwand einer angeblichen Nichtigkeit des abgeschlossenen Konzessionsvertrages präkludiert sei. Hintergrund ist ein vergaberechtlicher Rechtsgedanke aus § 101a GWB, auf den bereits der BGH in seinen Urteilen vom 17.12.2013 hingewiesen hatte. Wenn die Kommune den unterlegenen Bewerbern die Auswahlentscheidung mitteilt und mindestens 15 Kalendertage bis zum Abschluss des Konzessionsvertrages abwartet, haben die unterlegenen Bewerber in diesem Zeitfenster ausreichend Gelegenheit, ihre Rechte zu wahren.

So war es in dem vom LG München zu entscheidenden Fall. Der Altkonzessionär wurde vorab über die beabsichtigte Unterzeichnung des Konzessionsvertrages informiert. Bis zur tatsächlichen Unterzeichnung hatte er gut zwei Monate Zeit, (einstweiligen) Rechtsschutz gegenüber der Kommune in Anspruch zu nehmen. Da er dies nicht getan hat, hält das Gericht seine nunmehr gegenüber dem Neukonzessionär vorgebrachten Einwände gegen die Konzessionsvergabe für verspätet. Das Gericht ließ sich dabei auch nicht auf das Argument ein, Altkonzessionäre seien aufgrund des drohenden Netzverlustes besonders schützenswert und dürften sich im Gegensatz zu „einfachen“ Bewerbern immer auf eine Unwirksamkeit der Konzessionsvergabe berufen.

Der Beschluss des LG München ist zu begrüßen. Einwände gegen Konzessionsvergaben müssen rechtzeitig gegenüber der Kommune geltend gemacht werden und dürfen nicht als Faustpfand in Netzübernahmeverhandlungen genutzt werden. In der Praxis sind die vom BGH angeregten Informationsschreiben in Anlehnung an § 101a GWB bereits üblich. Das LG München hat nun bestätigt, dass diese Schreiben ihren Zweck erfüllen und langwierige Unsicherheiten bei der Frage der Wirksamkeit von Konzessionsvergaben verhindern können.

Der Gesetzgeber will die Vorgaben für die Strom- und Gaskonzessionsvergabe novellieren und plant dabei, die Rügeobliegenheiten von Bewerbern und die Präklusion verspäteter Einwände ausdrücklich zu regeln. Dass über die Wirksamkeit der Konzessionsvergabe zwischen Alt- und Neukonzessionär im Rahmen der Netzübernahmeverhandlungen gestritten wird, dürfte dann endgültig der Vergangenheit angehören. Über die Zulässigkeit der Konzessionsverfahren wird auch künftig gestritten werden, nur vielleicht nicht mehr in Rahmen der zeitlich nachgelagerten Netzübernahme.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Theobald/Oliver Eifertinger/Astrid Meyer-Hetling/Axel Kafka


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